28.07.2015

KAREN BREECE schreibt und inszeniert Stücke, die sie auf der Basis intensiver Recherchearbeit und persönlicher Gespräche entwickelt. Neben diversen Projekten, die sich mit der Auseinandersetzung und Aufarbeitung der deutschen Geschichte, insbesondere dem Nationalsozialismus, beschäftigen, liegt ein zweiter thematischer Fokus der US-Amerikanerin auf der (gesellschafts-)politischen Gegenwart und Projekten, die sich auf Diskurse und Fragestellungen der Interkulturalität und Identität, vor allem vor dem Hintergrund eines sich im Wandel befindlichen Europa konzentrieren.

Das „Dokumentar“-Theater von Karen Breece entsteht auf der Grundlage von Interviews mit (Zeit-)Zeug*innen und – je nach thematischer Verortung – direkt Betroffenen, die sie transkribiert und dann mehrfach überschreibt, indem sie die Aussagen durch literarische, politische oder philosophische Verweise und Assoziationen neu kontextualisiert. Durch ihren Ansatz, das Publikum mittels partizipativer Strukturen einzubinden und „site-specific“, also bewusst an konnotierten Orten des Öffentlichen Raums zu arbeiten, schafft Breece Reflexionsräume, die den Grenzbereich zwischen Kunst und Leben unscharf erscheinen lassen. Auf diese Weise werden Prinzipien des Dokumentarischen und das Genre des Dokumentar-Theaters in ihren Grundfesten reflektiert.


2022/23 LOVE FOR SALE - Ein partizipatives Theaterprojekt mit und über Sexarbeiter*innen und (ehemaligen) Prostituierten (UA). Kaufen und Verkaufen ist der Kreislauf, in dem wir uns bewegen. Auf dem Sexmarkt erscheint es ebenso. Der Körper als Ware unterliegt dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. So groß das Gewerbe ist, so wenig wird darüber gesprochen. Was erzählt uns der Umgang mit Prostitution und Sexarbeit über uns und unsere Gesellschaft? Was ist Sexarbeit und was Prostitution? Was bedeutet hier Selbstbestimmung und wann beginnt die Ausbeutung? Wann beginnt der Missbrauch? Mit Love For Sale taucht Karen Breece in die Grauzonen und Schatten des Geschäfts mit der Lust ein. Basierend auf ihrer Langzeitrecherche, geprägt von intensiven Gesprächen mit Menschen aus dem Umfeld der Prostitution und Sexarbeit, hat die Regisseurin einen partizipativen Abend konzipiert, an dem sie die von ihr befragten Expert*innen zu einem Dialog einlädt und selbst sprechen lässt. Content Information: Thematisch werden Traumata, Diskriminierung, Gewalt, Gender und Sexualität in expliziter Sprache verarbeitet. FSK 18.

2022 WIEN'S ANATOMY - Ein Theaterabend über das österreichische Gesundheitssystem, Long Covid und ME/CFS (UA). In aufwendigen Recherchen sammelt Karen Breece für das VOLKSTHEATER WIEN Geschichten von Patient*innen, die hinter den Türen ihrer Schlafzimmer oder Pflegeeinrichtungen vergessen werden, und von Pfleger*innen und Familien, die sich oft unter ausbeuterischen Bedingungen um sie kümmern. Nach intensiven Gesprächen und Interviews mit Patient*innen, Betroffenen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum sowie Menschen aus der Pflege, Medizin und Politik und nach unzähligen Episoden Schwarzwaldklinik gibt Karen Breece in WIEN’S ANATOMY gemeinsam mit Alltagsexpert*innen und Schauspieler*innen diesen Geschichten eine Bühne.


2022 #IAmHere – Eine künstlerische Aktion zum ME/CFS-Awareness Day von Karen Breece. Am 12. Mai plant das VOLKSTHEATER WIEN zusammen mit der Regisseurin eine künstlerische Aktion zur Situation der ME/CFS-Kranken. Unter dem Motto #IAmHere sollen vom 11. bis einschließlich 19. Mai im Volkstheater Wien, im Schauspielhaus Bochum und nach Möglichkeit an weiteren Orten im öffentlichen Raum Porträts und Statements von Betroffenen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz zu sehen sein. Die Aktion thematisiert das von Betroffenen empfundene Unsichtbar-Sein und das Vergessen-Werden durch die Gesellschaft, indem sie Menschen mit ME/CFS Stimme und Gesicht gibt und auf ihre Situation aufmerksam macht. Unterstützt wird die Aktion #IAmHere von der Theater- und Filmschauspielerin Jasna Fritzi Bauer. In Kooperation mit der Österreichischen Gesellschaft für ME/CFS, der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS, #MillionsMissing Deutschland und der Schweizerischen Gesellschaft für ME & CFS.

- Am 12. Mai wird es zudem ein Gespräch zwischen Betroffenen und Fachleuten in der ROTEN BAR des WIENER VOLKSTHEATERS geben, mit: Dr. Michael Stingl (Neurologe), Karen Breece (Regisseurin), Johannes Schweighardt (ÖGME/CFS) und der Wiener Patient*innenanwältin DrIn Sigrid Pilz. Die Moderation hierfür übernimmt die Dossier-Journalistin Sahel Zarinfard.

2021-2023 JURYMITGLIED Tanz und Theaterproduktionen mit Alltagsexpert*innen, Kulturreferat München.

01/2021 I AM HERE ist eine Recherche über die schwere neuroimmunologische Krankheit ME/CFS (Myalgische Encephalomyelitis/das Chronic Fatigue Syndrom), die eine Teilhabe am Leben in der Regel unmöglich macht. Die Krankheit nimmt vor allem den Schwer- und Schwerstbetroffenen jegliche Lebensqualität. Leben spielt sich nur noch im Kopf der Betroffenen ab, die sich entweder durch Meditation oder Schaffung von Phantasiewelten beschäftigen. An der Versorgung der Betroffenen mangelt es an allen Ecken und Enden. Versorgungsämter, Kranken- und Pflegekasse sind überfordert mit der Beurteilung und Bewilligung von Anträgen. Der Forschungsstand zu der Krankheit steckt noch in den Kinderschuhen, auch weil sich für die Krankheit bislang kaum eine Lobby oder Interesse der Pharma-Industrie findet und notwendige Forschungsmittel für die wenigen Spezialist*innen fehlen. Die dringend notwendige interdisziplinäre Forschung könnte nur durch den Willen der Politik befördert werden. Dass dies im Falle von Covid-19 und Long Covid mit Milliardenbeträgen möglich ist, haben wir in den vergangenen Monaten erlebt. Wo ein Wille ist, da ist ein Weg. Der Wille fehlt hinsichtlich MEcfs aber (noch). Von der Solidarität, die sich während der Corona-Pandemie gesamtgesellschaftlich gezeigt hat, besteht bei MEcfs keine Spur. #IAmHere (Stipendium über Fonds Darstellende Künste)

2019 SHOUT OUT LOUD (UA) ist der Versuch einer Reflexion über das Laut-Sein und Stumm-Werden, über das Hören und Nicht-Hören in einer Gesellschaft, in der Kommunikation alles ist und immer noch am meisten über Lautsprache funktioniert. Gemeinsam mit einem internationalen Ensemble von gehörlosen Menschen und in Koproduktion mit den MÜNCHNER KAMMERSPIELEN erarbeitet Karen Breece eine immersive Theaterinstallation, die nach Möglichkeiten einer neuen Verständigung sucht: zu hören ohne Lautsprache; zu verstehen, ohne zu hören. Die Folie, vor deren Hintergrund diesen Fragen nachgespürt wird, ist ein Ort, der in besonderem Maße für das Laut-Sein steht - der BLITZ Club auf der Museumsinsel. Dort kann Sound auch körperlich erfahrbar gemacht werden, ein immersiver Raum entstehen, innerhalb dessen sich Hörende und Gehörlose auf gleicher Ebene begegnen. Können anstelle des gesprochenen Wortes Bilder, Zustände und Anordnungen - anstelle von Schall Vibrationen, Rhythmen und Berührungen stehen?

2019 Für MÜTTER UND SÖHNE (UA) hat Karen Breece für das BERLINER ENSEMBLE intensiv zum Thema Rechtsextremismus in Deutschland recherchiert. Der Abend geht der Frage nach, warum sich junge Menschen radikalisieren? Wer sind diese jungen Menschen und was wollen sie? Wird ihre Radikalisierung durch bestimmte familiäre Konstellationen begünstigt? Welche Rolle spielen die Mütter dabei, und welche die Väter? Wie gehen Mütter mit der Radikalisierung ihrer Kinder um? Aus dem Mikrokosmos der Perspektive radikalisierter Söhne und der der Familien, in denen diese Söhne einmal Kinder waren, lenkt Karen Breece den Blick auf den Makrokosmos der Gesellschaft und stellt damit neben der Frage der Verantwortung von Politik und Gesellschaft auch die Frage nach der Verantwortung jedes Einzelnen von uns.

2018 Für ihre Arbeit AUF DER STRASSE (UA) am BERLINER ENSEMBLE hat Karen Breece über mehrere Monate hinweg in Berlin zum Thema der Wohnungs- und Obdachlosigkeit und den Umständen, die Menschen in die Armut treiben, recherchiert. Aus den zahlreichen Begegnungen mit in unterschiedlicher Weise betroffenen Menschen ist schließlich ein dokufiktionaler Theaterabend entstanden, der zentral von Psy Chris, René Wallner und Alexandra Zipperer erzählt. Im Februar 2019 war die Inszenierung zur Eröffnung des Brechtfestivals Augsburg eingeladen.

2017-2018 ORADOUR (UA) Karen Breece begibt sich auf die Suche nach den Konsequenzen des grausamsten SS-Massakers in Westeuropa - für die Opfer, die Tatbeteiligten und die jeweiligen Nachfahren. Gleichzeitig reflektiert die Inszenierung unseren heutigen Umgang mit der deutschen NS-Geschichte: Gibt es gegenwärtig einen Überdruss an der Aufarbeitung des Vergangenen? Wie können sich die Generationen der Gegenwart überhaupt von Verbrechen ihrer Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern betroffen fühlen? Sollte nicht langsam Gras darüber wachsen? In ihrer Arbeit, die in Koproduktion mit den MÜNCHNER KAMMERSPIELEN, uraufgeführt im HochX, und in Zusammenarbeit mit den Schauspieler*innen Katja Bürkle und Benny Claessens entstanden ist, beschäftigt sich Karen Breece vor dem Hintergrund des SS-Massakers mit den Schwierigkeiten des Erinnerns und der Unmöglichkeit des Vergessens. Zwischen der Absurdität der Realität und der Unzulänglichkeit ihrer Repräsentation. Zwischen einer unmöglichen Vergangenheit und einer unmöglichen Gegenwart.

2018 BUCHPRÄSENTATION: "Theater der Zeit - Darstellende Künste im öffentlichen Raum"  Transformationen von UnOrten und ästhetische Interventionen mit einem Beitrag über DACHAU // PROZESSE. Was können die darstellenden Künste im öffentlichen Raum leisten? Der Band Darstellende Künste im öffentlichen Raum zeigt anhand von 18 Theater- und Tanzprojekten aus ganz Deutschland, wie sogenannte "Unorte" im öffentlichen Raum experimentell erobert und zu theatralen Wirkungs- und zeitweiligen neuen Lebensräumen transformiert werden. Die Beiträge sind im Rahmen eines Symposiums zur Bedeutung von darstellenden Künsten sowie interdisziplinären ästhetischen Interventionen im öffentlichen Raum entstanden, an dem 250 Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Kulturpolitiker*innen aus dem In- und Ausland beteiligt waren, u. a. Heinz Schütz, Frauke Surmann, Harald Welzer und Georg Winter. Künstler*innen-Gespräch mit dem Herausgeber und u. a. Karen Breece.

2017-2020 DON'T FORGET TO DIE - Ein Theaterabend über Tod und Sterben (UA 2017). Keiner will sterben. Weder jung, noch alt. Wenn aber etwas im Leben gewiss ist, dann der Tod. Man sollte also nicht vergessen, sich auch auf dieses letzte Ende vorzubereiten, denn ohne den Tod hätte das Leben kaum einen Sinn. In DON'T FORGET TO DIE setzen sich fünf Menschen im Alter von 74 bis 94 Jahren auf der Bühne mit ihrem eigenen Tod auseinander. Aber kann man den eigenen Tod proben, so wie man die eigene Beerdigung plant? Karen Breece hat über ein Jahr hinweg Gespräche mit alten Menschen über das Sterben geführt und daraus einen Text entwickelt, der sich im Grenzbereich von Erinnerung und Hoffnung, Realität und Fiktion bewegt. Gemeinsam mit den Akteur*innen inszeniert sie einen Abend, der gleichermaßen tragische wie komische Perspektiven des Sterbens erfahrbar macht. Die Inszenierung, die im HochX uraufgeführt wurde, war als Gastspiel an den MÜNCHNER KAMMERSPIELEN zu sehen und zum Festival Internationale Neue Dramatik FIND 2018 der SCHAUBÜHNE am Lehniner Platz nach Berlin eingeladen.

2015-2017 inszeniert Karen Breece WELCOME TO PARADISE (UA 2015 / site-specific), ein Theaterprojekt zur aktuellen Asylpolitik auf Grundlage von Gesprächen mit Geflüchteten und Asylbeamt*innen. Das Projekt entstand in Koproduktion mit dem MÜNCHNER VOLKSTHEATER und dem Münchner Flüchtlingsrat und wurde in der St. Matthäus-Kirche uraufgeführt - gelegen am Sendlinger-Tor-Platz, dem Verkehrsknotenpunkt und Transitort, an dem Hunger-Streik, BAGIDA-Demonstrationen und Gegendemonstrationen ("München ist bunt") stattgefunden hatten.

- Als szenische Lesung tourte die Inszenierung noch bis März 2017 durch zahlreiche Münchner Stadtteilkulturzentren.

2014 Mit DACHAU // PROZESSE (UA / site-specific) erobert Karen Breece mit der ehemaligen SS-Garnison Dachau, heute Gelände der Bayerischen Bereitschaftspolizei, zum zweiten Mal theatral einen "UnOrt" und macht ihn erstmals der Öffentlichkeit zugänglich. DACHAU // PROZESSE basiert auf den Protokollen der historischen Dachauer Prozesse von 1945-1948, in denen Konzentrationslagerverbrecher vor einem amerikanischen Militärgericht angeklagt wurden. Wie war es möglich, dass Menschen in der SS-Garnison auf der einen Seite des Zauns einen glücklichen Alltag leben konnten, während sie auf der anderen Seite Häftlinge quälten, misshandelten und töteten? Waren die Täter Bestien, Weltanschauungskrieger oder ganz normale Menschen? – Im Mittelpunkt dieser Inszenierung steht das Leben "Zaun an Zaun" - SS-Siedlung neben KZ. Die Besucher*innen erkunden in Bussen die ehemalige SS-Garnison und werden anschließend in dem historischen War-Crimes-Branch-Gebäude Zeug*innen eines neuen Dachauer Prozesses. Erzählt wird vom Untergang einer Familie, der Familie des letzten Kommandanten des KZ Dachau, Martin Gottfried Weiß, die stellvertretend für den Untergang des NS-Regimes steht.  

2013 WAS WIR LIEBTEN - EIN THEATEREXPERIMENT MIT MENSCHEN IM ALTER VON 76 bis 103 (UA / site-specific). In der ERLÖSERKIRCHE München-Schwabing beschäftigt sich Karen Breece in WAS WIR LIEBTEN, einem vielbeachteten Theaterexperiment mit alten Menschen, mit der Frage nach der Bedeutung von Jugend und Jugendlichkeit in unserer Gesellschaft, reflektiert durch sehr alte Menschen. Was wurde geliebt? Welche Liebe bleibt? Gibt es eine Schönheit im Altern? Was geschieht, wenn Bewegungen fast nur noch im Kopf ausgeführt werden? Wenn Gefühle im Erinnern und Beschreiben entstehen? An zentraler Stelle in der Stadt entstand an einem symbolisch aufgeladenen Ort eine Plattform für diese Menschen, die seit so langer Zeit die Welt, in der wir leben, beobachten, analysieren und über sie staunen.

2012-2013 DIE BLUTNACHT AUF DEM SCHRECKENSTEIN oder RITTER ADOLARS BRAUTFAHRT UND SEIN GRAUSIGES ENDE oder DIE WAHRE LIEBE IST DAS NICHT (UA / site-specific). Für ihre Inszenierung des KZ-Häftlingsstücks von Rudolf Kalmar in der ehemaligen MD-PAPIERFABRIK DACHAU - einem Widerstandsstück - erhielt Karen Breece bayernweite Medienresonanz. Erzählt wird von Haltung, Mut und Widerstand der Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau. Erzählt wird von der Kraft der Kunst und des Geistes, die selbst unter den Bedingungen des Terrors nicht erstickt werden konnten. In den realen ‚Blutnächten’ von Dachau hat die SS auf grausame Weise unzählige Häftlinge getötet, den Geist der Häftlinge konnte sie jedoch nicht töten. Die Inszenierung lässt dabei bewusst die Geschichte der "Blutnacht", die 1943 im KZ Dachau unter den Bedingungen des Terrors entstanden war, von Menschen erzählen, die heute in Dachau leben - der Versuch einer ganz persönlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte dieser Stadt.



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